Im stärker industrialisierten Kreis Hersfeld mit den Kalibetrieben erzielte die SPD in allen Wahlen von 1920 bis 1930 rund 50% der Stimmen, im Kreis Rotenburg sank ihr Anteil von 50 auf 30%. In beiden Kreisen wurden die kaiserlichen Landräte - Alexander von Grunelius in Hersfeld und Richard Türcke in Rotenburg - 1921 abgelöst. Nach Hersfeld entsandte die Staatsregierung die zwei der SPD nahe stehenden Landräte Wolf von Harnack und Emil Graf von Wedel.
Mit der allgemeinen Aufgabenvermehrung der Staatsverwaltung wurden seit der Kaiserzeit und vermehrt in der Weimarer Republik eine Reihe von Abteilungen aus dem Innenministerium herausgelöst und zu selbständigen Ministerien gemacht. Das Regierungspräsidium als Bündelungsbehörde mittlerer Ebene blieb für sie alle die Mittelinstanz, aber auf der Kreisebene entstanden neben dem Landratsamt selbständige staatliche Unterbehörden: das Katasteramt, das Eichamt, das Hochbauamt, die Kreis- und Forstkasse, das Gewerbeaufsichtsamt, der Kreisarzt, der Kreistierarzt, der Schulrat, das Kulturbauamt und das Kulturamt - letzteres dem Oberpräsidium unterstellt.
Das Nebeneinander von Landratsamt und Staatsbehörden in den Kreisen wurde oft kritisiert. Aber erst 1932, in der Wirtschaftskrise und nach dem Putsch gegen die sozialdemokratische preußische Regierung, ging die autoritäre Regierung Papen im Rahmen eines Sparprogramms das Problem an. Die Landräte erhielten die Kommunalaufsicht über Städte bis zu 10.000 Einwohnern - also alle Städte außer Hersfeld und Rotenburg -, die äußere Schulaufsicht und das Eichamt. Alle Staatsbehörden im Kreise mussten den Landrat von ihren Verfügungen informieren. Er konnte aufschiebenden Einspruch einlegen, über den der Regierungspräsident entschied.
Die NSDAP, die schon 1932 im Kreis Hersfeld mehr als 50% und im Kreis Rotenburg mehr als 60% der Stimmen erzielte, stärkte aus ideologischen Gründen nach Errichtung ihrer Diktatur die Stellung der Landräte weiter. Sie wollte das "Führerprinzip" durchsetzen. 1933 wurden erst die Kreistage und dann auch die Kreisausschüsse abgeschafft. Alle Kompetenzen, auch das Recht, den Kreishaushalt zu beschließen, gingen auf die Landräte über.
Landratsamt wurde Bündelungsbehörde
Das Landratsamt wurde zu einer viele Ressorts umfassenden Bündelungsbehörde auf unterer Ebene. Den Landräten wurden fast alle Behörden in den Kreisen unterstellt und eine Reihe neuer Aufgaben übertragen wie die Straßenverkehrsaufsicht, Siedlung und Flächennutzung, Preisüberwachung, Ernährung und Bewirtschaftung, Aushebung und Musterung, den Naturschutz, Familienunterhalt und die Kriegsschäden. Sie standen an der Spitze einer Einheitsverwaltung. In ihrer Hand waren alle kommunalen und staatlichen Aufgaben auf Kreisebene zusammengefasst.
Viel hing in dieser Zeit von den Personen ab. In Rotenburg amtierte der republikanische Landrat Walter von Dombois noch bis 1934 und wurde dann durch den parteilosen Verwaltungsjuristen Horst von Kruse ersetzt, der seine Integrität bewahrte. In Hersfeld dagegen wurde der NSDAP-Kreisleiter Richard Bienert, studierter Diplomkaufmann und Abteilungsleiter der Kaliwerke Philippsthal, im Frühjahr 1933 auch Landrat. Das blieb er bis 1945; Kreisleiter der NSDAP war er bis 1936.
Nach der Kapitulation und der Besetzung durch die Amerikaner kehrte man zunächst zu den Verhältnissen von 1932 zurück. Die Landräte wurden aber seit 1946 nicht mehr ernannt, sondern von den Kreistagen gewählt. Sie blieben allerdings Staatsbeamte. Die Kreisordnung von 1952 definierte dann die Rechtsnatur der Kreise als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften und zugleich als Gemeindeverbände. Sie erhielten staatliche Aufgaben vieler Ressorts zu selbständiger Auftragsverwaltung zugewiesen, manche wurden später aber auch wieder verstaatlicht. Die Landräte wurden als Vorsitzende der Kreisausschüsse zu Kommunalwahlbeamten. Seit 1991 werden die Landräte sowie die Bürgermeister der Städte und Gemeinden direkt für sechs Jahre gewählt. 1995 erfolgte die Kommunalisierung der bisherigen Staatlichen Abteilungen; 2005 wurden sie in die Kreisverwaltungen überführt.
Gebietsreform 1972
Aufgrund freiwilliger Zusammenschlüsse oder Eingliederungen haben sich zwischen 1968 und 1971 die vier Gemeinden Glaam, Mansbach, Oberbreitzbach, Soislieden aus dem ehemaligen Kreis Hünfeld (jetzt Fulda) der Gemeinde Hohenroda angeschlossen; aus dem ehemaligen Kreis Fritzlar-Homberg (jetzt Schwalm-Eder-Kreis) schlossen sich die vier Dörfer Mühlbach, Raboldshausen, Saasen und Salzberg der Gemeinde Neuenstein im
Landkreis Hersfeld-Rotenburg an.
Der Kreis Rotenburg gab die Gebiete um Sontra und Rengshausen an die benachbarten Regionen Werra-Meißner-Kreis und Schwalm-Eder-Kreis ab. Im Süden wurden dem Kreis Hersfeld-Rotenburg aus dem ehemaligen Kreis Hünfeld (jetzt Fulda) die Gemeinden des oberen Haunetals (jetzt Ortsteile der Gemeinde Haunetal), im Südwesten aus dem ehemaligen Kreis Ziegenhain (jetzt Schwalm-Eder-Kreis) der Raum Breitenbach am Herzberg (heute Gemeinde Breitenbach am Herzberg) und im Norden aus dem ehemaligen Kreis Melsungen (jetzt Schwalm-Eder-Kreis) die Gemeinde Heinebach (heute Ortsteil der Gemeinde Alheim) zugeordnet. Aus dem bisherigen Kreis Hünfeld wurden die Gemeinden Bodes und Fischbach in die Gemeinde Hauneck und Erdmannrode in die Gemeinde Schenklengsfeld eingegliedert.
Nach Abschluss dieser Gebietsreform zählte der Kreis Hersfeld-Rotenburg 20 Gemeinden und Städte. Aus 161 zum Teil sehr kleinen Gemeinden und drei Städten waren neue, leistungsfähige Verwaltungseinheiten entstanden. 1977 wurden an Heringen die Stadtrechte verliehen, so dass der Kreis Hersfeld-Rotenburg nunmehr aus 16 Großgemeinden und 4 Städten besteht.