Kreisausschuss-Mitglied Klaus Renschler (61)
Der kritische Geist
„Wir sind die Kinder, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben“ – wer kann sich an diesen Spruch noch erinnern? Klaus Renschler ist so einer – wobei seine eigenen Eltern ihn sicher niemals vor sich selbst gewarnt hätten. Denn sie waren selber „anders als die anderen“. Geboren in Stuttgart, aufgewachsen in Esslingen. Schwäbisches Umfeld, alles ein bisschen spießig. Bis auf die eigene Familie. Acht Kinder, eine Mutter, vier Väter. „Patchworkfamilie“, noch bevor es diesen Ausdruck überhaupt gab.
Klaus Renschler, 61, lernte zunächst Versicherungskaufmann – ein Job, der wohl so gut zu ihm passte wie Schokoladensoße zu Fisch. „Ich habe nach der Ausbildung nicht einen einzigen Tag in diesem Beruf gearbeitet“, erinnert er sich. Von dem drögen Alltag in einer für ihn zweifelhaften Branche brach er zunächst erst einmal aus. Gemeinsam mit seiner Freundin und einem weiteren Pärchen. In einem VW-Bus, Richtung Südeuropa. Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, die nordafrikanischen Länder - ein halbes Jahr reiste das Quartett, bis zum Ende des Geldes. „Ich fühle mich noch heute zu den südeuropäischen Ländern hingezogen“, sagt Renschler, der auch heute noch leidenschaftlich gern in seinem umgebauten Ford Transit-Krankenwagen aus den Achtzigern die Welt bereist.
Viele Jobs gemacht
Als er damals, Ende der 1970er-Jahre, von seiner Reise nach Deutschland zurückkehrte, jobbte er zunächst in den verschiedensten Berufen. Er kam in Kontakt mit der Anti-Atomkraft-Bewegung, nahm an Demos teil, schätzte die ausgiebigen Diskussionsrunden unter Gleichgesinnten. „Das war damals Meinungsbildung, wie ich mir sie vorstelle“, erinnert er sich an lange Nächte am Tisch mit Freunden. „Das würde so heute nicht mehr funktionieren, weil alles viel zu schnelllebig geworden ist“, meint Renschler, und man merkt im an, dass er eine Zeit vermisst, in der die Kunst der Diskussion noch gepflegt wurde.
Irgendwann wurde ihm die Szene in seiner schwäbischen Heimat zu unübersichtlich. „Es ging damals wirklich heckenhoch her, und ich wusste, dass ich da raus musste, um nicht unterzugehen“, erklärt der Haunetaler, der seine Heimat mittlerweile in dem idyllischen Dörfchen Rhina gefunden hat. Damals landete er in einer alternativen Buchhandlung in Fulda und erkannte, dass er sich weiterbilden musste, um etwas wirklich bewegen zu können. „Ich bin ein bisschen Gerechtigkeitsfanatiker“, sagt Klaus Renschler über sich selbst. „Mein Anliegen ist die soziale Gerechtigkeit, und ich war schon immer einer, der auf der Seite der Schwachen gestanden hat.“
Er entschied sich für ein Studium der Sozialpädagogik und immatrikulierte sich in Fulda. Seit vielen Jahren arbeitet Renschler für das diakonische Werk in Lauterbach und berät dort Schwangere, Ehepaare und Familien in schwierigen Situationen. In Hofbieber, wo Renschler seinerzeit wohnte, wurde er auf der Liste der Grünen in die Gemeindevertretung gewählt; ein „grüner Parteigänger“ war er aber nie, obwohl er sich mit deren grundsätzlichen Zielen identifiziert. „Ich tue mich schwer mit Parteistrukturen“, sagt er und meint: „In anderen Parteien hätte ich mich aber wahrscheinlich noch unwohler gefühlt!“
Dagegen mag Renschler die Arbeit in den Gremien sehr, weil er sich dort unmittelbar für sein Lebensumfeld einsetzen kann. In Hofbieber war er acht Jahre lang Fraktionsvorsitzender der Grünen im Gemeindeparlament. Eine Zeit nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin, mit der er zwei Kinder hat, zog Renschler nach Rhina, wo er heute mit seiner Frau wohnt. Hier wurde er von den Grünen des Kreises Hersfeld-Rotenburg angesprochen und gefragt, ob er sich als erfahrener Lokalpolitiker im Kreisausschuss engagieren würde. Die Arbeit im Kreisausschuss schätzt der Diplom-Sozialpädagoge. Sein Schwerpunkt ist die Sozialpolitik. Obwohl einziger Grüner in der Regierung des Kreises, fühlt sich Klaus Renschler im Kreisausschuss wohl: „Die Atmosphäre ist sehr freundschaftlich und kollegial – der Kreisausschuss ist sicher kein Gremium, um parteipolitische Zwecke zu verfolgen.“
Das Ende seines politischen Engagements hat der Haunetaler bereits festgelegt. In zwei Jahren will Renschler in den vorgezogenen Ruhestand gehen. Dann soll auch Schluss sein mit dem ehrenamtlichen politischen Engagement. „Ich tue das, was ich hier mache, sehr gerne. Aber meine Lebensplanung steht fest. Wenn ich in den Ruhestand gehe, werde ich gemeinsam mit meiner Frau die Freiheit genießen und reisen. Dann ist Schluss mit der Politik.“
Bildunterschrift: Aus der alternativen Szene Stuttgarts über die Grünen in den Kreisausschuss Hersfeld-Rotenburg: Klaus Renschler hat einen ungewöhnlichen Lebenslauf. Der 61-Jährige mag die Natur und engagiert sich im Kreisausschuss besonders für soziale Themen.